22. Februar 2014 Alexander H. Klüh

Einwegpfand verzerrt Mineralwasserpreis

SAT1-Wissenssendung griff das Thema Einwegpfand auf:
Heimischer Mineralbrunnen Förstina beklagt „Schieflage im System“

Eichenzell-Lütter. Unter dem Titel „Absurder Öko-Wahn – Wenn Umweltschutz mehr schadet als nützt“ griff die Wissenssendung „Planetopia“ auf SAT1 in dieser Woche unter anderem die Thematik Flaschenpfand im Getränkebereich auf. In einer Umfrage zeigte sich, dass mehr als 60 Prozent der Befragten nicht zwischen Einweg- und Mehrwegpfand unterscheiden konnten. Auch beim Eichenzeller Mineralbrunnen Förstina Sprudel beklagt man eine „Schieflage im System“.

Grundlage für das deutsche Pfandsystem ist die sogenannte „Verpackungsverordnung“, die vor allem eine ökologische Zielsetzung verfolgt: Das umweltfreundliche Mehrwegsystem der Getränkehersteller zu stärken. In der Praxis ist allerdings das Gegenteil eingetreten. Um die problematischen Wettbewerbsvorteile der Einwegflaschen-Produzenten in der Wirtschaft in Erinnerung zu rufen, trafen sich die Verantwortlichen von Förstina (Seniorchefin Doris Ehrhardt, die Geschäftsführer Ulrich Ehrhardt und Andreas Richardt, die Verkaufsleiter Gerhard Bub und Peter Seufert) beispielsweise schon zu Expertengesprächen mit MdB Michael Brand (Mitglied des Umweltausschusses im deutschen Bundestag) oder dem Landesvorsitzenden der SPD Hessen und Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion im hessischen Landtag Thorsten Schäfer-Gümbel. Gegenstand dieser Treffen waren die Folgen der 2003 in Kraft getretenen Verpackungsverordnung, welche den Rückgang der Mehrwegproduktion aufhalten und für mehr Energieeffizienz sorgen sollte. Nach Jahren zeichnet sich jedoch ein gegenteiliger Trend ab: Die großen Abfüllbetriebe, welche die Discounter beliefern, fünf an der Zahl, teilen sich mittlerweile knapp 54 Prozent des Getränkemarktes, wobei diese allesamt Getränke in Einweggebinden produzieren. Die verbleibenden 46 Prozent des Marktes teilen sich hingegen über 200 kleine und mittelständische Unternehmen, die ihre Produkte in der Regel in Mehrwegflaschen anbieten. „Dies ist eine Schieflage, die so für die betroffenen Unternehmen nicht mehr tragbar ist und auch nicht sein sollte. Hier ist genau das Gegenteil der Ziele eingetreten, die mit der Verpackungsverordnung angepeilt wurden“, äußerte sich Vertriebsleiter Peter Seufert.

Als problematisch sieht man bei Förstina die „Besserstellung von Einweganbietern“ an: „Das Pfandsystem auf Einwegflaschen erfüllt im Gegensatz zum Mehrwegsystem keine Wertsicherungsfunktion, das führt im (Discount)-Handel zu einer sofortigen Liquiditätsverbesserung, zu enormen Zinserträgen – und zusätzlich auch zu außerordentlichen Erträgen durch Pfandschlupf“, erklärte Gerhard Bub. „Zusätzlich erhalten die Discounterlieferanten noch Subventionen aus der Staatskasse“, ergänzte Peter Seufert und betonte, dass Förstina nicht um die gleichen Fördergelder bitte, sondern sich für einen fairen Wettbewerb einsetze, ohne Quersubventionierungen und mit geeigneten Lenkungsinstrumenten. Im Rahmen der Expertengespräche sahen sich die Politiker seinerzeit durchaus in der Pflicht: „Unternehmen wie Förstina rennen mit einem solchen Thema offene Türen ein, gerade was die Energieeffizienz angeht. Die Regierungen müssen und wollen klare Regeln schaffen, die einen fairen Wettbewerb wieder möglich machen.“ Hoffnung mache, dass die Verpackungsverordnung aktuell wieder in den politischen Fokus gerückt ist, und beispielsweise auch eine Kennzeichnungspflicht von Einweggebinden gefordert werde.

Gerade durch den regionalen Fokus und durch kurze logistische Wege, könne der Mineralbrunnen Förstina neben seinem Markensortiment, auch nachhaltige und preisgünstige Produkte anbieten, äußerte sich Peter Seufert. „Allerdings müssen im Gesamtmarkt auch die Richtlinien eingehalten werden: 80 Prozent soll die Mehrwegquote im Getränkemarkt eigentlich betragen, zurzeit sind es lediglich knapp 50 Prozent. Regionalität ist ein wesentlicher Moment der Energieeffizienz“, so Seufert.

Hintergrundinfos:
Was sich zunächst kompliziert anhört, ist bei genauerer Betrachtung eigentlich ganz einfach: Im Mehrwegsystem werden qualitativ höherwertige Flaschen benötigt als im Einwegsystem. Das darauf erhobene Pfand (damit die Flaschen und Kisten auch wieder zurückkehren) entspreche etwa den halben Investitionskosten. Daraus folgt: Der abfüllende Betrieb muss diese Kosten vorfinanzieren. Im Einwegsystem hingegen sind die Kosten für die Flasche bereits im Verkaufspreis mit einkalkuliert, das Pfand werde vom Handel quasi „on top“ erhoben, was die sofortige Liquiditätsverbesserung – und daraus resultierend die Zinserträge – bewirkt. Pfandschlupf entsteht nun, wenn für eine Einwegflasche zwar Pfand bezahlt wird, dieses aber nicht zurückgeholt wird – etwa weil die Flasche nicht zurück gebracht wird, sondern in den Müll wandert. Während im Mehrwegsystem dem Abfüller in diesem Falle 50 Prozent seiner Investition verloren ginge, behält der Handel im Einwegsystem das Pfand ein. So entsteht nach Berechnungen des Branchenverbandes VDM durch Pfand auf Einweg ein permanenter Liquiditätsvorteil von etwa 100 Millionen Euro pro Jahr. Dies wiederum ermöglicht Quersubventionierungen – und so schließlich die niedrigen Preise für Mineralwasser im Discounthandel.